Hi Leute,
in dieser Off-Topic geht es darum, Texte zu sammeln, die Games, Internet, Games im Internet etc unterstützen/positiv bewerten.
Immer ein Thema angeben, wenn vorhanden bitte auch Quelle.
Ist aber schön wenn ihrs selber schreibt =P
Mein Thema hab ich halb gelinkt halb saelber gebaut
(ich hab das alles getippt!)
müsst ihr nicht lesen, es geht drum mal ganz viele argumente zusammen zu haben etc
könnt ihr aber gern würd mich freuen
Geborgenheit
Computerspiele: der Untergang des Abendlandes? Im Gegenteil. Für manche Fans bieten sie nicht nur eine angenehme eigene Welt, sondern auch ganz neue Formen sozialer Kontakte.
Bekenntnisse eines Gamers.
Ich bin Computerspieler. Vielen Dank, dass Sie nicht sofort das Sozialamt rufen oder ein Sondereinsatzkommando der Polizei - mir geht es gut, danke, und ich habe auch nicht vor, Amok zu laufen. Ich will nur etwas klar stellen. Ich bin nicht einsam. Ich bin nicht Hyperaktiv. Ich bin kein sozialer Krüppel. Ich bin nur ein Online-Computerspieler.
Ich betone das so deutlich, weil nach Ansicht vieler Medien und etlicher Menschen, die sich Experten nennen, Computerspieler angeblich genau das sind: eine Horde trauriger Gestalten, die Probleme haben - in der Schule, in ihren Beziehungen, eigentlich im ganzen Leben. Ich lese immer wieder windige Studien, die wie eine Krankenakten klingen: Computerspiele, womöglich noch im Internet, oh Gott, da sind Konzentrationsmangel, soziale Isolation und Sinnesüberreizung die Folge, die wahlweise zu Antriebsschwächen oder zu aggressiven Reaktionen im Alltag führen! Glaubt man diesen "Experten", ist zwar noch nicht engültig erwiesen, ob wir Computerspieler nun bemitleidenswerte Trottel oder doch furchterregende Zombies sind, eines sind wir aber sicher: eine Gefahr. Ich habe es so satt.
Mich ärgert dabei nicht die Kritik an sich. An vielen Computerspielen gibt es etwas zu kritisieren, genauso wie an vielen Büchern, Filmen oder dem Fernsehprogramm. Mich ärgert die Haltung, die hinter dieser Kritik steht: eine Ignoranz, die nicht einmal den Versuch macht zu begreifen, was im Internet und den Spielen dort geschieht - das Entstehen einer neuen Kultur.
Ich spiele zum Beispiel RuneScape. Dieses Computerspiel ist ein MMORPG, das steht für das Wortungetüm "Massively Multiplayer Online Role-Playing Game" und bedeutet eine neue Form des Spielens: alle zusammen, alle Gleichzeitig, in einem nie endenden Spiel, das sich online in von Computern erstellten Fantasiewelten zuträgt - und in dem jeder Spieler seine Spielfigur in bislang unbekanntem Maße selbst gestalten und entwickeln kann. RuneScape, das als Fantasy-Spiel in einer Mittelalterlichen Welt voller Gefahren und Abenteuer angesiedelt ist, hat den Ruf, die Möglichkeiten eines MMORPG so radikal zu nutzen wie wenige andere Spiele: Jeder Spieler kann mit jedem anderen Spieler auf dieser Welt interagieren; die Preise aller Gegenstände und somit der Handel, Story und Kriegsführung, alles liegt in den Händen der Spieler.
Darin liegt die Faszination: Mein Agieren als einzelner Charakter auf dieser Welt kann nicht nur Auswirkungen auf Millionen anderer Spieler haben, sondern auch auf den weiteren Verlauf dieser Welt - damit sprengen Spiele wie RuneScape das Muster, nach dem Unterhaltung lange funktionierte. Ich bin jetzt beide Seiten der bisherigen Unterhaltungsmedien: Einerseits erlebe ich wie ein klassischer, passiver Medienkonsument die Geschichte der Welt von RuneScape, andererseits bin ich diese Geschichte aber auch als handelnder Akteur, der ihren Lauf umändern kann. Wäre RuneScape ein Buch, würde ich es zugleich lesen und selbst fortschreiben - eine faszinierende Konstellation, was sicher auch die Fundamentalisten unter den Computerspiel-Kritikern verstehen: Bücher wie "Die Unendlich Geschichte" oder "Tintenherz" folgen der gleichen Grundidee. Egal, wie gefesselt ich der "Unendlichen Geschichte" aber folge, ich bleibe immer passiver Leser, In RuneScape bin ich in der Tat Teil der Geschichte, die ich erlebe.
Interessanterweise erzwingt diese Komplexität des Spiels von seinen Spielern etwas, was sie den gängigen Vorurteilen nach gar nicht haben: ein hohes Maß an sozialer Interaktion. Ich allein kann versuchen, General Graador, einen General der Götterkriege, zu besiegen. Ich werde mit meiner Kampfstufe scheitern. Ich brauche Hilfe. Auch zu diesem Zweck tragen sich Spieler gegenseitig in ihre "Freundesliste" ein, die einen örtlich unbegrenzten Chat erlaubt, und schließen sich dann wiederum zu Clans zusammen, die über E-Mails, Internet-Sprachdienste und Chatforen Kontakt halten, um Kampf-Events, Clamkämpfe, Feiern und andere Dinge zu organisieren.
Was am Ende herauskommt, sind neue Formen sozialer Kontakte - eine ganz eigene Art der Geborgenheit. Ich zum Beispiel bin Mitglied eines deutschen Clans, der mit einem anderen verbündet ist. Die Mitglieder sind größtenteils deutscher und österreichischer Nationalität. Wir werden bald ein großes "Megaevent" mit inzwischen 6 anderen Clans organisieren, und es werden wöchentlich mehr. Die Idee kommt von einem anderen Mitglied, ich darf sie ausführen, das ist mein Job in dieser Vereinigung.
Ich kenne die meisten dieser Menschen nicht mit ihren echten Namen. Ich kenne nur ihre Charaktere. Und ich kenne unsere gemeinsame Geschichte in der großen Geschichte von RuneScape: Wie sich der Clan aus 3 zerfallenen Clans erhob, wie sich mehr und mehr Mitglieder beworben, wie ich zum Beispiel Eventmanager wurde, wie der Clan vor kurzer Zeit fast geschlossen wurde und einer der beiden Gründer uns verließ. Ist das Freundschaft? Wenn, dann nicht auf herkömmliche Art. Sieht so soziale Isolation aus? Sicher nicht.
Gern läse ich in den Medien einmal etwas über diese Spannungsfelder in der neuen Art des Spielens. Passiert aber nie. In Sachen Computerspiele ist immer nur Weltuntergang. Ich weiß nicht, woher diese Ablehnende Ignoranz gegenüber Computerspielen kommt. Vielleicht haben ältere Menschen Angst vor der Faszination, die Computerspiele auf jüngere Menschen ausüben? Vielleicht verstehen sie nicht, dass die ihnen bekannte Palette von Medien wie Bücher, Radio, Fernsehen um eine Dimension erweitert wird, die Unterhaltung neu definiert? Vielleicht pflegen sie nur einen verkrampften Kulturpessimismus?
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines: Diese herablassenden Kritiker werden noch staunen. Ich zähle zwar nicht zu der Generation, die im Gleichtakt mit Computern und ihren Spielen groß geworden ist: C64, Atari, PC, Konsolen, es war ein langer Weg von Daddeleien in Schwarz-Weiß wie "Pong" bis zur alternativen Realitäten wie RuneScape. Ich kann mich nicht an diesen Weg erinnern, der vielleicht einmal als die Stummfilm-Phase der Computerspiele in die Geschichte eingehen wird. Ich kann mich eigentlich gar nicht mehr an die über die herablassenede Haltung gegenüber Computerspielen ärgern. Jüngere Menschen in meinem Alter hatten das Glück, gleich mit Spielen wie "Civilization", "Mass Effect" oder "Grand Theft Auto" aufzuwachsen, kennen nur noch eine Welt, in der Computerspiele die Krone der Unterhaltungsmedien sind. Einzig die verklemmte Einstellung meiner Eltern bringt mich wirklich dazu, dass es mich so sehr nervt, wieder einmal eine "seriöse Studie" über Computerspiele und ihre Benutzer zu lesen. Menschen in meinem Alter werden sich über Ignoranz nicht mehr ärgern. Sie werden nur noch darüber lachen.
Dieser Text stammt zu großen Teilen aus dem SZ Magazin des 29sten Aprils 2010 (Nummer 17); modified by KT6 (Kampfteddy6/NaughtyBear6)
I believe.